Archiv: Naturschutz

Zwischenergebnisse der thematischen Werkstatt zu den Themen Naturschutz, Stadtklima, Bäume, Umweltbildung, Gemeinschaftsgärten etc.

(Ergebnisse der Thematischen Werkstatt am 11.05.2015, Stand: 26.6.2015)

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I. Schutz- und Erhaltungsziele nach ThFG

II. Grundlagen Naturschutz

III. Ergebnisse der Thematischen Werkstatt vom 11.5.2015

  1. Maßnahmen des Naturschutzes und Pflegekonzepts
  2. Beweidung und Tiere auf dem Tempelhofer Feld
  3. Wasser auf dem Tempelhofer Feld
  4. Pflanzung von Bäumen und Feldgehölzen (im äußeren Wiesenring)
  5. Umweltbildungsangebote, Natur-Erfahrungsräume, Naturschutzstation
  6. Gärten, Gemeinschaftsgärten und urbane Landwirtschaft, Bienen

I. Schutz- und Erhaltungsziele nach ThFG:

Auszug aus § 3 ThFG Gegenstand des Schutzes und der Erhaltung „(1) Der Wert des Tempelhofer Feldes für die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes liegt vor allem in seiner Wirkung auf das Stadtklima. Wesentlich hierfür sind die Wiesenflächen als Kaltluftentstehungsgebiet und die Luftaustauschbahnen, welche dieses mit der Umgebung verbinden. Beide sind maßgeblich für die Verdunstung, die Temperaturverteilung und den Luftaustausch über die Grenzen des Tempelhofer Feldes hinweg. Durch die Vermeidung von Eingriffen, welche Veränderungen des lokalen Klimas verursachen oder begünstigen können, wird der konkreten Gefahr einer Erwärmung und der sich hieraus ergebenden Verschlechterung der menschlichen Lebensbedingungen in Teilen Berlins vorgebeugt. Dies gilt insbesondere auch für schleichende, langfristig fortschreitende Veränderungen.

(2) Die besondere, schützenswerte Eigenart und Schönheit der Landschaft des Tempelhofer Feldes liegt - in seiner räumlichen Weite, welche innerhalb einer Großstadt einzigartig ist - in der Offenheit der Sichtbeziehungen über große Entfernungen und - in der ortstypischen Klima- und Wettersituation. Aufgrund des unmittelbaren Gegensatzes zu den umgebenden, zum Teil sehr dicht bebauten Stadtquartieren sind diese Eigenschaften sehr deutlich erfahrbar. In ihrer Gesamtheit bietet diese Landschaft mit ihren großen, zusammenhängenden Wiesenbereichen, der an diese Standortbedingungen angepassten Flora und Fauna und ihren nach Bundesnaturschutzgesetz und Naturschutzgesetz Berlin geschützten Biotopen und unter Artenschutz stehenden Pflanzen und Tieren einen besonders schützenswerten Lebensraum“

II. Grundlagen Naturschutz (aus Kurzinfo zu Naturschutz SenStadtUm):

Das Tempelhofer Feld weist eine hohe Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz auf. Vor allem aufgrund seiner Größe sowie des Vorkommens von offenen, trockenwarmen Lebensräumen hat das Feld eine für Berlin herausgehobene Stellung für den Erhalt der daran gebundenen Tier- und Pflanzenarten. Die unversiegelten Flächen sind durch Glatthaferwiesen und Sandtrockenrasen geprägt, die zu den wertvollsten Biotopstrukturen des Tempelhofer Feldes gehören. Insgesamt kommen 329 wildwachsende Pflanzenarten vor, wie z. B. die Gemeine Grasnelke oder die Sand- Strohblume. Bestimmte Biotope und die hier lebenden Tierarten unterliegen dem unmittelbaren Schutz des Bundes- bzw. des Berliner Naturschutzgesetzes. Des Weiteren wurden 2012 u.a. 21 Brutvogelarten auf dem Tempelhofer Feld festgestellt. Vor allem für anspruchsvolle und überregional stark gefährdete Vogelarten der extensiv genutzter Offenlandschaften wie z.B. Feldlerche, Steinschmätzer, Neuntöter, Grauammer und Stieglitz ist das einer der wertvollsten Lebensräume in Berlin. Dabei ist insbesondere die Feldlerche, ein Bodenbrüter, hervorzuheben, die in hoher Dichte vorkommt. 25% des Berliner Bestandes beherbergt das Areal. Seit Öffnung des Tempelhofer Feldes im Mai 2010 wird das Feld im Rahmen des Parkmanagements durch ein differenziertes und ausgewogenes Konzept (s. Pflegekonzept 2014) gepflegt. Es hat sich gezeigt, dass dadurch die naturschutzfachlichen Qualitäten gesichert und z. T. sogar gesteigert werden konnten. Dieses Ergebnis wurde bestätigt durch die Auswertung des Monitorings von 2010 – 2014 der TU Berlin.

Grundlagen: * Seebauer/Wefers und Partner GBR, 2006: Flughafen Tempelhof- Die Bedeutung für den Biotop- und Artenschutz - Ergebnisse naturschutzfachlicher Gutachten der Jahre 2004/2006

  • Seebauer / Wefers und Partner GBR, 2011, 2012, 2013: Berlin - Tempelhofer Freiheit - Naturschutzfachliches Monitoring, Ergebnisse 2010, 2011, 2012

  • von der Lippe, Dr. Moritz, TU Berlin 2015: Biotisches Monitoring THF auf Probeflächen – Auswertung der Ergebnisse 2010 -2014

III. Ergebnisse der Thematischen Werkstatt vom 11.5.2015

1. Maßnahmen des Naturschutzes und Pflegekonzept

(1) Die Ziele und geplanten Maßnahmen für den Naturschutz im Rahmen des EPP sollen auf Basis der Ergebnisse der thematischen Werkstatt, auf Grundlage der Monitoring-Berichte, der Handlungsempfehlungen von SenStadtUm (vgl. Kurzinfo Naturschutz) und der einzelnen Vorschläge zur weiteren naturschutzfachlichen Aufwertung konkretisiert werden. Die redaktionelle Bearbeitung der Handlungsempfehlungen erfolgt in Abstimmung mit SenStadtUm, GrünBerlin, Naturschutzverbänden sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern bis Ende Juni 2015. Dabei sind folgende Punkte zu prüfen und zu konkretisieren:

  • punktuelle Maßnahmen zur naturschutzfachlichen Aufwertung,

  • naturschutzfachliche Bewertung der Flächen im Äußeren Wiesenring (einschl. Ruderalvegetation auf den Basaltitflächen insb. im südlichen Bereich) als Grundlage die weitere Planung,

  • punktuelles Zulassen des natürlichen Aufwuchses von Feldgehölzen, Gehölzstreifen etc. (s. Vorschläge),

  • Mahdregime,

  • Erhöhung der Artenvielfalt (u.a. Abschätzung der Möglichkeiten für mehr Wiesenblumen auf dem äußeren Wiesenring)

Weitere Diskussionspunkte:

  • Nach der Mahd sollen die Heuballen weiterhin für einige Tage auf dem Feld liegengelassen werden, da sie von Nutzerinnen und Nutzern gut angenommen werden. Allerdings zeigt die bisherige Erfahrung, dass die Heuballen teilweise erheblich beschädigt werden (Aufschneiden).

  • Eine generelle Öffnung des Feldes in der Nacht wird aus in der thematischen Werkstatt Naturschutz aus Gründen des Natur- und Artenschutzes abgelehnt. Zu befürchten sind zudem die Entwicklung zur Partylocation und eine zunehmende Vermüllung,

  • Umgang mit Löchern auf der Wiese (Unfallgefahr für Jogger, Kiter etc.).

(2) Im Rahmen des laufenden Naturschutz-Monitorings erfolgt auch eine Bestandsaufnahme auf dem Gelände der „Alten Gärtnerei“. Die Ergebnisse des Monitorings sind bis Februar/März 2016 zu erwarten. Zudem ist zunächst noch die Beseitigung der Altlasten/Kampfmittel zwischen Bund und Land zu klären. Erst dann kann ein konkretes Nutzungskonzept für die Fläche der Alten Gärtnerei unter Partizipation der Bevölkerung erfolgen (Definition des Prozesses erfolgt im EPP). Sinnvoll wäre eine Begehung im Sommer 2015, um einen ersten Überblick über die bisher gesperrte Fläche zu erhalten.

(3) Das naturschutzfachliche Monitoring soll in den kommenden Jahren fortgeführt werden. Das darauf basierende Pflegekonzept soll weiterhin von SenStadtUm und Grün Berlin, den Naturschutzverbänden und der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt und mit ihnen diskutiert werden.

(4) Die Erstellung des Wiesenkastasters (vgl. § 4 Abs. 2 i.V.m Anlage 3 ThFG) ist in Arbeit. Die Vermessungsdaten der Bestandsaufnahme werden derzeit von der Grün Berlin GmbH in ein Geographisches Informationssystem überführt (Fertigstellung wahrscheinlich im Herbst 2015). Eine Bilanzierung der Inanspruchnahme von Wiesenflächen und deren Ausgleich kann auf Basis der Bestandsdaten erfolgen.

(5) Konversionsflächen: Die Festlegung möglicher Konversionsflächen (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 4 ThFG) sollte zügig durch SenStadtUm zusammen mit den Denkmalschutzbehörden erfolgen, da dies eine zentrale Grundlage für die Erstellung des Entwicklungs- und Pflegeplanes ist. Bei aufgebrochenen versiegelten Flächen mit Ruderalvegetation ist auch deren Naturschutzwert zu berücksichtigen.

(6) Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sieht kein Erfordernis für die Ausweisung des Tempelhofer Feldes als Landschaftsschutzgebiet, da im ThFG der Schutz von Natur und Landschaft über die gemäß ThFG bestehenden Beschränkungen ausreichend gewährleistet ist und die Pflege über den EPP und das Pflegekonzept gesichert wird. Eine größere rechtliche Sicherung wird durch eine zusätzliche Überlagerung des Gebietes mit einer unter Gesetzesrang stehenden Rechtsverordnung (Landschaftsschutzgebietsverordnung) nicht erreicht.

Da bereits heute die personellen Kapazitäten für die Ausweisung von Landschafts- und Naturschutzgebieten begrenzt seien, wird eine nachrangige Priorität einer LSG-Ausweisung von den Naturschutzverbänden mitgetragen. Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer präferieren weiterhin eine zügige Ausweisung.

2. Beweidung und Tiere auf dem Tempelhofer Feld

Die Entwicklung eines extensiven Beweidungskonzeptes für das Tempelhofer Feld wird als sinnvoll angesehen, dieses muss sich aber primär an naturschutzfachlichen Zielen ausrichten (Landschaftspflege durch Beweidung). Die weitere Konkretisierung und Abschätzung der Machbarkeit erfolgt im Rahmen der Erarbeitung des Pflegekonzeptes. Ebenso wird dabei geprüft, ob und wie „Kontaktmöglichkeiten“ zwischen Tier und Mensch sinnvoll und machbar sind bzw. wie Beweidung in die Umweltbildung (s.u.) mit eingebunden werden kann.
Die Vorschläge Streichelzoo und Kinderbauernhof mit Tieren wird konsensual abgelehnt. Ein Streichelzoo befindet sich bereits in der Hasenheide. Zusätzliche dauerhafte Einhegungen von Flächen für die Tierhaltung sind auf Konformität mit dem ThFG zu prüfen.

Abgelehnt wird der Vorschlag nach mehr Katzen auf dem Tempelhofer Feld.

3.Wasser auf dem Tempelhofer Feld

Die Verwendung von Niederschlagswasser für Bewässerungszwecke und ggf. seine Versickerung ist im Rahmen des Konzeptes für das Regenwassermanagement Flughafengebäude/Vorfeld/Columbiadamm abzuklären. Da diese Flächen außerhalb des Geltungsbereiches des ThFG liegen, ist das Konzept für das Regenwassermanagement nicht Bestandteil des EPP, sollte aber zügig vorangetrieben werden. Wichtig im Rahmen des EPP wäre zu klären, welche Flächen für die nach ThFG mögliche Versickerung von Regenwasser in Anspruch genommen werden könnten. In diesem Zusammenhang ist auch die Anlage eines Wasserspielplatzes sowie ggf. kleiner Wasserflächen (sofern konform mit dem ThFG) zu prüfen.

4.Pflanzung von Bäumen und Feldgehölzen (im äußeren Wiesenring)

Bei der Pflanzung von Bäumen und Feldgehölzen im Äußeren Wiesenring sind grundsätzlich das Landschaftsbild zu bewahren und der ungehinderte nächtliche Abfluss der Kaltluft (Stadtklima) sicherzustellen. Innerhalb der thematischen Werkstatt Naturschutz besteht daher Konsens, dass im Äußeren Wiesenring weder Wälder noch umfangreiche Streuobstwiesen angelegt werden. Zur Beschattung von Aufenthaltsbereichen sind ggf. Pflanzungen von Einzelbäumen und einzelnen Baumgruppen (möglichst gebietseigene Arten, Obstgehölze) sowie Feldgehölzen (einheimische Arten) sinnvoll. Konkrete Vorschläge sollen im Rahmen einer Feldbegehung vor Ort unter Einbindung von Experten erarbeitet werden. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass Gehölzpflanzungen nicht ggf. insbesondere die Windsportarten beeinträchtigen. Insbesondere im Bereich des Alten Flughafens wird die Nachpflanzung von Bäumen und Feldgehölzen als Ersatz für aus Verkehrssicherungsgründen beseitigten Bäumen als sinnvoll erachtet (ggf. Verwendung von Aufwuchs aus der natürlichen Sukzession)  Pflegekonzept.

5.Umweltbildungsangebote, Natur-Erfahrungsräume, Naturschutzstation

Ein Umweltbildungskonzept für das Tempelhofer Feld ist grundsätzlich sinnvoll, muss aber von Trägern der Umweltbildung erarbeitet bzw. konkretisiert werden (in Zusammenarbeit mit Projekten wie z.B. den Gemeinschaftsgärten). Konkretisierungsbedarf besteht auch für die Vorschläge Naturerfahrungsraum bzw. Naturschutzstation. Wie andere Projekte auch müssen sie sich in das Gesamtkonzept für das Tempelhofer Feld einfügen, abgelehnt wird insbesondere eine Parzellierung des Äußeren Wiesenrings für einzelne Projekte. Eine Umgestaltung von Flächen wird eher als kritisch angesehen, genutzt werden soll für die Umweltbildung insbesondere die vorhandene Vielfalt und Struktur. Geklärt werden muss insbesondere welche Infrastruktur als notwendig erachtet wird (Treffpunkt, Materialen, Raum für Ausstellungen, Betreuung, etc.). Es besteht Einvernehmen, dass im Rahmen des EPP zwar Rahmenbedingungen für Umweltbildungskonzepte und deren Träger geklärt werden können (s. Pioniere und Projekte), nicht hingegen deren Finanzierung.

6.Gärten, Gemeinschaftsgärten und urbane Landwirtschaft, Bienen

Die Anlage zusätzlicher Gemeinschaftsgärten (Projekte bürgerschaftlichen Engagements) ist auf Basis von Anlage 3 ThFG möglich (keine Einzäunung, keine Parzellierung, offener Zugang auch für Nutzerinnen und Nutzer des Feldes). Erforderlich ist eine realistische Abschätzung des Bedarfs an zusätzlichen Standorten unter den gegebenen Rahmenbedingungen. Grundsätzlich müssen die Projekte von bürgerschaftlichem Engagement getragen sein. Die Rahmenbedingungen für Gemeinschaftsgärten (einschl. Vertragsbedingungen, Infrastruktur, Wasserversorgung etc.) sollen in der thematischen Werkstatt Pioniere und Projekte diskutiert werden. Dabei ist auch zu diskutieren, wie die Projekte evaluiert werden, ob eine Rotation der Projekte oder einer dynamische Flächennutzung sinnvoll ist. Ob und wie thematische Gärten (Heilpflanzengarten, Garten der Sinne, Gemüse-Labyrinth etc.) auf den ihnen zur Verfügung gestellten Flächen angelegt werden, ist Entscheidung der Gemeinschaftsgärten bzw. der bürgerschaftlichen Projekte. Es besteht Einigkeit, dass die Anlage von thematischen Gärten in der Regel keine Aufgabe der Grün Berlin GmbH oder des Landes ist. Ein Engagement der benachbarten Kleingartenanlagen auf dem Tempelhofer Feld wird begrüßt, ist aber naturgegeben deren autonome Entscheidung. Imkerei-Projekte bzw. Bildungs- und Informationsarbeit zu Bienen sollen ggf. in Umweltbildungskonzept und Projekte Gemeinschaftsgärten integriert werden. Darüber hinaus soll in diesem Zusammenhang geprüft werden, inwieweit zusätzliche Bienenvölker auf dem Tempelhofer Feld vor dem Hintergrund des Artenschutzes aufgestellt werden können. Nutzungsvorschläge „Alte Gärtnerei“ für Gemeinschaftsgärten, Gartenarbeitsschule und ähnliche Vorschläge werden bei Konzeptentwicklung für dieses Gebiet diskutiert. Der Vorschlag von landwirtschaftlichen Betrieben (z.B. Demeterhof) auf dem Tempelhofer Feld wird einhellig abgelehnt, da die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht gegeben bzw. nicht mit dem ThFG vereinbar sind (Umbruch Wiesenflächen in größerem Maßstab, Betriebsgebäude, Einzäunungen etc.)

Protokollanten: Henriette Kropp, Felix Lang

Überarbeitung durch Verfahrenskoordination Tilmann Heuser 29.05.2015